Als in Bad Grund die beiden letzten Förderwagen mit Erz aus dem Berg rollten, spielte eine Bergmannskapelle“. Das war am 28. März 1992.
Aus Sicht des Grubenbesitzers, der früheren Preussag AG, kam diese Schließung eigentlich mit fünf Jahren Verspätung. Die „Hilfe Gottes“ sollte ursprünglich schon 1987 dicht gemacht werden. Doch 600 Demonstranten, darunter die Mitglieder der Bergmannskapelle, waren nach Hannover gezogen, wo sie dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht 19.000 Unterschriften für den Erhalt des Bergwerks übergaben. Die Aktion hatte Erfolg allerdings nur vorübergehend. 1992 war dann endgültig Schluss.
Der weitere Bergbau, so hatte die Preussag entschieden, war wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten. Für Bad Grund, so sagt der heutige Bürgermeister Harald Dietzmann, sei die Schließung ein schwerer Schlag gewesen. Das Bergwerk war mit zuletzt rund 380 von einst 1000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber des Ortes, der damals noch etwa 3400 Einwohner hatte. „Dieser Verlust ist heute noch spürbar“, sagt der Bürgermeister.
Mit der Schließung der „Hilfe Gottes“ ging im Harz die über tausendjährige Geschichte des Erzbergbaus zu Ende. Deren Beginn geht der Legende nach auf den Ritter Ramm zurück, einen Boten des Kaisers Otto des Großen. Ritter Ramm soll im Jahr 968 eine Rast in der Nähe von Goslar gemacht haben. Als sein Pferd in der Erde scharrte, legte es zufällig eine Erzader frei. Das Bergwerk Rammelsberg soll seinen Namen dem Ritter Ramm verdanken.
Einen großen Aufschwung nahm der Erzbergbau im vormals weitgehend menschenleeren Oberharz im 16. Jahrhundert, als überall neue Stollen angesetzt, Erzhüten errichtet und Städte gegründet wurden, unter anderem St. Andreasberg, Zellerfeld, Clausthal und auch Grund.
Nach und nach wurden im 20. Jahrhundert alle Bergwerke geschlossen, weil die Lagerstätten erschöpft waren. Das Bergwerk in Bad Grund war das letzte. Zum Schluss waren dort jährlich noch gut 400 000 Tonnen Blei- und Zinkerz aus mehr als 700 Metern Tiefe geholt worden, erinnert sich Richard Laux. Insgesamt wurden in Bad Grund etwa 19 Millionen Tonnen Erz gefördert, aus denen mehr als eine Million Tonnen Blei, 700 000 Tonnen Zink und 2500 Tonnen Silber gewonnen wurden.
„Die Menschen in Bad Grund fühlen sich noch heute der Tradition des Bergbaus verpflichtet“, sagt Bürgermeister Dietzmann. „Bei Festen zum Beispiel tragen viele noch die alten Bergmannsuniformen“. An die Bergbaugeschichte des Ortes erinnert auch das Bergbaumuseum mit seinem Wahrzeichen, dem im Jahr 1912 errichteten fast 50 Meter hohen Hydrokompressoren-Turm. Damit wurde jahrzehntelang Druckluft für die Maschinen in der Grube erzeugt.
„Mit den Besucherzahlen des Museums sind wir allerdings nicht zufrieden“, klagt Richard Laux, Vorsitzender des Fördervereins. Die Konkurrenz der großen Bergbaumuseen in Goslar und Clausthal-Zellerfeld sei übermächtig. „Statt 20 000 Besucher, die wir zum Überleben bräuchten, kommen jährlich nur 6000“.
Statt vom Bergbau lebt Bad Grund, wo nur noch etwa 2400 Menschen leben, inzwischen auch vom Tourismus. Jahrelang seien die Gästezahlen zwar gesunken, sagt der Bürgermeister. „Aber wir haben die Talsohle durchschritten. Es geht langsam wieder aufwärts“. Vor allem der Weltwald mit seinen zahllosen Baumarten, die vielen Wandermöglichkeiten und das Höhlenerlebniszentrum am Iberg ziehen Gäste an.
Hoffnung auf einen weiteren Aufschwung macht dann aber doch wieder der Bergbau, oder besser dessen Hinterlassenschaften. Es könnte sein, dass in alten Schachtanlagen von Bad Grund das weltweit erste unterirdische Pumpwasserspeicherkraftwerk entsteht. Die Machbarkeitsstudie läuft.
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